Haftungsgefahr für Unternehmer

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Viele Branchen stehen durch Corona-Pandemie schwer unter Druck. Im Einzelhandel etwa gab es nach Zahlen des statistischen Bundesamts, abgesehen von den Branchen Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren, allein diesen Januar einen Umsatzeinbruch von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Und doch rollt die vielbeschworene Insolvenzwelle nicht an. Im Gegenteil: Creditreform hat festgestellt, dass im letzten Jahr die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um mehr als 13 Prozent zurückgegangen ist. Diese Loslösung der Insolvenzen von der tatsächlichen Wirtschaftslage hängt Experten zufolge vorrangig mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zusammen. Dabei müssen viele Unternehmen längst einen Antrag stellen – tun dies oft jedoch nicht.

Aussetzung nur noch im Ausnahmefall

Es ist richtig: Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Corona-Betroffene gilt nach wie vor – voraussichtlich bis Ende April 2021. Dies tut sie aber nur unter ganz bestimmten engen Voraussetzungen:

  1. Ein Unternehmen ist durch Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
  2. Das Unternehmen ist überschuldet, erwartet jedoch noch staatliche Hilfszahlungen, wie beispielsweise die Dezemberhilfe.
  3. Die ausstehenden Zuschüsse reichen aus, um die wirtschaftliche Situation der Firma zu stabilisieren.

Es steht viel auf dem Spiel

Die Einschränkungen sind manchen Unternehmerinnen und Unternehmern offensichtlich nicht bewusst. „Derzeit gehen viele Vorstände und Geschäftsführer ein großes Risiko ein“, sagte Christoph Niering, Vorsitzender des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID), in einem Beitrag der Welt am Sonntag vom 28. Februar. „Strafrechtlich und zivilrechtlich steht hier sehr viel auf dem Spiel“, so der Experte in dem Bericht weiter. Es schwebten Straftatbestände wie Insolvenzverschleppung im Raum. Ein Fachmann der Creditreform unterlegt dies in dem Zeitungsbericht mit Zahlen: „Schätzungsweise nur rund 20 Prozent der Unternehmen sind tatsächlich berechtigt, die Antragspflicht auszusetzen“, so Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung der Auskunftei Creditreform. Kritisiert wird in der Folge auch die Kommunikation der Politik, die nach Ansicht der Experten lange nicht genug auf die wieder geltenden Verpflichtungen und mögliche Risiken hingewiesen habe. Denn: Geschäftsführer machen sich auch bei einer unbewussten, fahrlässigen Insolvenzverschleppung strafbar.

Kein Bagatelldelikt

Wird eine Insolvenz nicht rechtzeitig angemeldet oder ist der Insolvenzantrag fehlerhaft, steht der strafrechtliche Vorwurf der Insolvenzverschleppung im Raum. Doch dies ist nicht die einzige drohende Konsequenz. Denn die Geschäftsleitung haftet zudem persönlich für alle Zahlungen, die vom Unternehmen nach der Insolvenzreife ausgingen. Im Zweifel muss sie später Gläubiger aus privaten Mitteln entschädigen. Hinzu kommen weitere mögliche Strafverfahren sowie Tätigkeitsverbote.

Mögliche Risiken einer Insolvenzverschleppung

  • Geld- oder Haftstrafe von bis zu einem Jahr bei fahrlässigem Handeln
  • Geld- oder Haftstrafe von bis zu drei Jahren bei Vorsatz
  • Fünfjähriges Tätigkeitsverbot als Geschäftsführer und Vorstand
  • Belegung mit einem Gewerbeverbot
  • Persönliche Haftung für nach Insolvenzreife autorisierte Zahlungen
  • Potenzielle Anschlussverfahren wegen Betrugs, Untreue oder vorenthaltener Sozialleistungen

Antrag rechtzeitig stellen

Um sich diesen Risiken nicht unnötig auszusetzen, sollten Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen nicht nur den finanziellen Status ihres Unternehmens genau im Blick haben. Sie müssen auch prüfen, ob sie tatsächlich (noch) von der Insolvenzantragspflicht befreit sind. Ist dies im Einzelfall schwer zu ermitteln, kann jederzeit die Expertise von Juristen oder Wirtschaftsprüfern hinzugezogen werden. Besteht die Pflicht zum Antrag, muss dieser von der Geschäftsführung beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht werden. Dafür gibt es je nach Insolvenzgrund unterschiedliche Fristen:

  • Bei Vorliegen einer akuten Zahlungsunfähigkeit: drei Wochen
  • Bei Eintritt einer Überschuldung: sechs Wochen

Zahlungsunfähig ist in der Regel, wer über einen Zeitraum von 3 Wochen mindestens 90 Prozent seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen kann.  Ein Insolvenzverfahren kann übrigens nicht nur vom Unternehmen selbst, sondern u.U. auch von seinen Gläubigern beantragt werden. Beispielsweise Finanzbehörden oder etwa Krankenversicherungsträger können bei ausbleibenden Steuerzahlungen oder Sozialbeiträgen einen sogenannten Fremdantrag stellen.

Sie haben Fragen zu den Themen Insolvenzantrag, Aussetzung der Antragspflicht oder Insolvenzverschleppung? Melden Sie sich gern bei unserem Experten.

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