Besonderheiten des privaten Mietverhältnisses in der Insolvenz
Wenn Wohnungsmieter insolvent sind, stehen Themen wie Mietzahlung, Kündigung, Enthaftungserklärung und die Folgen für den Vermieter im Raum. Hier klären wir zentrale Fragen.
Zunächst ist festzuhalten, dass das bislang ungekündigte Wohnraummietverhältnis mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht automatisch endet, sondern fortbesteht. Dennoch fällt das Mietverhältnis unter den Insolvenzbeschlag, das heißt, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht mit Insolvenzeröffnung auf den Insolvenzverwalter über. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Insolvenzverwalter die Wohnung ohne Rücksprache mit dem Schuldner betreten, einen Schlüssel fordern oder eine Entscheidung über die Beendigung des Wohnraummietvertrages treffen kann.
Mieten, die nach Insolvenzeröffnung fällig werden, sind sogenannte Masseverbindlichkeiten, das heißt, hierfür haftet die Insolvenzmasse. Zur Schonung der Masse kann der Insolvenzverwalter eine sogenannte Enthaftungserklärung abgeben. Diese Erklärung tritt bei Wohnraummietverträgen an die Stelle des Kündigungsrechts. Die Enthaftungserklärung wird der Insolvenzverwalter in der Regel kurz nach Insolvenzeröffnung abgeben, um keine erheblichen Masseverbindlichkeiten zu verursachen. Sie bedarf der Schriftform und ist an den Vermieter zu richten.
Kaution und Betriebskostenabrechnungen
Nach Ablauf einer maximalen Frist von drei Monaten nach Zugang der Enthaftungserklärung, erhält der Mieter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Wohnraummietverhältnis wieder zurück. Somit muss er die zukünftigen Mietzinsen und Nebenkosten wieder aus seinem ihm zur Verfügung stehenden, insolvenzfreien Vermögen aufbringen. Auch der Anspruch auf Rückzahlung des gesetzlich zulässigen Kautionshöchstbetrages von drei Monatskaltmieten unterliegt nach Freigabe des Mietverhältnisses durch den Insolvenzverwalter nicht mehr dem Insolvenzbeschlag. Dagegen bleibt eine eher seltene, darüber hinaus gewährte Kaution vom Insolvenzbeschlag umfasst.
Bei Betriebskostenabrechnungen muss genau hingeschaut werden. Hier ist eine zeitliche Differenzierung zu beachten: Guthaben, die vor der Wirksamkeit der Enthaftungserklärung entstehen, sind massezugehörig und deshalb an die Insolvenzmasse auszuzahlen. Danach stehen etwaige Guthaben dem Schuldner zu. Diesem ist daher für eine saubere Abgrenzung zu empfehlen, dass er seine Zählerstände bei Insolvenzeröffnung und auf den Stichtag der Wirksamkeit der Enthaftungserklärung abliest und seinem Vermieter oder seiner Hausverwaltung mitteilt.
Auswirkungen für Vermieter
Ausstehende Mieten und Betriebskosten, die den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung betreffen, sind Insolvenzforderungen. Diese können nach Insolvenzeröffnung vom Vermieter beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle angemeldet werden.
Grundsätzlich darf der Vermieter das Mietverhältnis zum Bespiel wegen Eigenbedarf trotz der Insolvenz des Mieters jederzeit ordentlich kündigen. Dagegen ist eine Kündigung nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder wegen rückständiger Mieten, die vor dem Insolvenzantrag entstanden sind, noch aufgrund der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Mieters wirksam. Aber aufgepasst: Die Kündigungssperre entfällt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nach dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung. Der Vermieter kann das Mietverhältnis dann wieder fristlos kündigen, wenn der Mieter in erheblichen Zahlungsverzug gerät – ein Rückstand von zwei Monatsmieten reicht hier aus. Bei der Beurteilung des Zahlungsverzugs sind auch die rückständigen Mieten vor Insolvenzantragstellung beziehungsweise im Insolvenzverfahren zu berücksichtigen.
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