Gestiegene Anforderungen in der Eigenverwaltung
Mit der Reformierung des Insolvenzrechts traten Anfang 2021 auch verschärfte Regelungen für Eigenverwaltungsverfahren in Kraft. Für Corona-Betroffene galten im Jahr 2021 noch die „alten“ Eigenverwaltungsvorschriften, ab dem nächsten Jahr gelten die veränderten Vorgaben aber für alle Unternehmen. Zeit, sich die Neuerungen einmal genauer anzuschauen.
Ein zentrales Ziel des neuen Sanierungsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) ist es, die Erfolgsaussichten von Insolvenzen in Eigenverwaltung weiter zu verbessern. Dazu wurden mit den neuen Vorgaben in der Hauptsache die Zugangsvoraussetzungen für diese Art des Insolvenzverfahrens verschärft. Dadurch soll die Eigenverwaltung nur noch von Unternehmen genutzt werden können, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Grundsätzlich gelten die Regelungen bereits seit 1. Januar dieses Jahres, allerdings wurden von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen weiter nach den bisherigen, „zurückhaltenden“ Regeln behandelt. Diese Ausnahme endet mit Ablauf des 31. Dezembers 2021. Welche Verschärfungen bei den Zugangsvoraussetzungen erwarten die Unternehmen konkret?
Bei Antrag muss bereits ein Konzept vorliegen
Dreh- und Angelpunkt der erweiterten Anforderungen ist eine sogenannte Eigenverwaltungsplanung. Demzufolge muss ein insolventes Unternehmen bereits mit dem Antrag beim Insolvenzgericht umfassende Informationen einreichen. Andernfalls hat es kaum Aussichten darauf, dass ein Verfahren unter eigener Verwaltung angeordnet wird. Zu den erforderlichen Belegen gehört ein Konzept, das die Durchführung der Eigenverwaltung erläutert. Darin müssen die Ursachen der Krise sowie deren Ausmaß geschildert werden. Daneben sind auch die Ziele der Eigenverwaltung und die entsprechenden Maßnahmen darzulegen, mit denen diese erreicht werden sollen. Diese Vorarbeit ist vergleichbar mit einem Unternehmens(-krisen)-Konzept.
Eigenverwaltung finanziell vorplanen
Zusätzlich hat das Unternehmen einen Finanzplan für die ersten sechs Monate der möglichen Eigenverwaltung vorzulegen. Die darin enthaltene Liquiditätsplanung muss zeigen, dass sowohl die Betriebskosten als auch der finanzielle Aufwand durch das Verfahren für diesen Zeitraum gedeckt sind. Positive Faktoren wie das Insolvenzgeld, aber auch Herausforderungen wie die zu erwartende Umstellung vieler Vertragspartner auf Vorkasse, müssen erkennbar sein. Weiterhin ist dem Antrag eine Vergleichsrechnung beizulegen. Sie soll zeigen, dass die Eigenverwaltung in diesem Fall kostengünstiger ist als ein Regelverfahren.
Frühe Verhandlungen mit Gläubigern dokumentieren
Neben den genannten Informationen ist auch ein Bericht über die bisherigen Verhandlungen mit Betroffenen wie Gläubigern und Gesellschaftern vorzulegen. Auch Angaben zu ausstehenden Zahlungen an Arbeitnehmer sowie an die Sozialversicherungsträger sind zu machen. Hinzu kommen Erläuterungen über die Einhaltung der Buchführungsvorschriften. Zudem ist eine Liste der Maßnahmen gefordert, die die Wahrnehmung der insolvenzrechtlichen Pflichten sicherstellen.
Gute Vorbereitung unterstützt Erfolg der Sanierung
All diese Informationen und Dokumente zusammenzustellen und die entsprechende Planung zu entwickeln, erfordert von Unternehmen bereits vor dem Gang zum Insolvenzgericht einen entsprechenden Aufwand. Daher ist es unter den neuen Regeln noch essenzieller geworden, den Status des eigenen Unternehmens jederzeit zu kennen und bei Anzeichen wirtschaftlicher Schwierigkeiten umgehend zu reagieren. Ein Vorteil der intensiveren Vorarbeit ist zugleich, dass damit bereits viele Punkte geklärt sind, wenn das Verfahren eingeleitet wird. Das kann in der späteren Eigenverwaltung helfen, mehr Kapazitäten für das operative Geschäft zu haben.
Unstreitig ist jedoch, dass der Mehraufwand in der Vorbereitung die Komplexität eines Eigenverwaltungsverfahrens erhöht. Umso ratsamer erscheint es daher, auch externe Fachkompetenz frühzeitig mit einzubeziehen. Dies ist ohnehin zu empfehlen, da in Eigenverwaltungsverfahren von den Gerichten in der Regel die Zusammenarbeit mit externen Sanierungsexperten gefordert wird.
Vorläufiger Gläubigerausschuss wird gestärkt
Neben strengeren Zugangsbedingungen für Unternehmen zur Eigenverwaltung wurde mit der Fortentwicklung des Insolvenzrechts auch der Einfluss des vorläufigen Gläubigerausschusses gestärkt. Dieser kann nun mit einem einstimmigen Votum eine Eigenverwaltung entweder stützen oder sie ablehnen. Die Entscheidung ist für das Insolvenzgericht dann in der Regel bindend. Dadurch wird es für Unternehmen noch einmal wichtiger, ein gutes Verhältnis zu ihren Gläubigern zu pflegen. Dies wiederum setzt eine frühzeitige Entscheidung für ein solches Verfahren voraus, damit die Vertrauensverhältnisse bei Verfahrenseinleitung noch nicht geschädigt sind. Es ist meist unerlässlich, sich mit den Gläubigern früh abzustimmen und bereits vor dem Verfahren in erste Verhandlungen zu treten. Ein Schuldnerunternehmen hat zudem die Möglichkeit, mit seinem Insolvenzantrag die Bildung eines vorläufigen Gläubigerausschusses selbst anzuregen.
Eigenverwaltung – erforderliche Belege auf einen Blick:
- Konzept zur Umsetzung der Eigenverwaltung
- Finanzplanung für die kommenden sechs Monate des Verfahrens
- Kostenvergleichsrechnung zwischen Eigenverwaltung und Regelverfahren
- Statusbericht über Verhandlungen mit Gläubigern
- Auskünfte über ausstehende Zahlungen etwa an Arbeitnehmer
- Erläuterungen zum Einhalten der Buchführungsvorschriften
- Maßnahmenkatalog zur Wahrung insolvenzrechtlicher Pflichten
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