Urlaubs- und Überstundenansprüche: Was geschieht damit in der Insolvenz?
Die Insolvenz eines Unternehmens ist für alle Beteiligten eine emotional belegte Situation. Unsicherheit und Fragen tun sich bei den Betroffenen auf, sowohl bei Arbeitgebern als auch in der Belegschaft. Neben den Themen, ob der Betrieb weitergeführt wird oder ob der eigene Arbeitsplatz erhalten bleibt, gibt es noch weitere kritische Punkte wie Überstunden- und Urlaubsansprüche sowie Abfindungen. Letztere können innerhalb einer Insolvenz Besonderheiten aufweisen.
Überstunden in der Insolvenz: Verfall oder Abgeltung?
Ob Überstunden während einer Insolvenz geltend gemacht werden können, hängt vom Zeitpunkt der erbrachten Leistung ab. Alle Überstunden, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet wurden, sind „verloren“. Der Anspruch auf Auszahlung stellt nur eine Insolvenzforderung dar. Das bedeutet, die bis zur Insolvenzeröffnung angesammelten Überstunden können vom Arbeitnehmer nur beim Insolvenzverwalter als sogenannte Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden.
Nach Abschluss des Verfahrens erfolgt die Gläubigerbefriedigung, also das anteilige Begleichen der angemeldeten Forderungen – Überstunden – nach einer Insolvenzquote.
Wird die Mehrarbeit während des vorläufigen Insolvenzverfahrens im sogenannten Insolvenzgeldzeitraum geleistet, können die Überstunden über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit abgegolten werden. Nach der Eröffnung eines Verfahrens geleistete Überstunden sind, wie üblich, mit Freizeit oder Vergütung auszugleichen. Dennoch ist darauf zu achten, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet beziehungsweise stillschweigend geduldet werden müssen. Außerdem sollte im Arbeitsvertrag klar geregelt sein, wie geleistete Mehrarbeit ausgeglichen wird.
Anspruch auf Urlaub in der Insolvenz
Bezüglich des Anspruchs auf Urlaub innerhalb einer Insolvenz gibt es drei verschiedene Szenarien. Bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis verfallen Urlaubsansprüche bei Insolvenzeröffnung nicht. Der aktuelle und zum Teil auch Resturlaubsanspruch kann gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Masseforderung. Auch bei einer Betriebsveräußerung bleiben die Urlaubsansprüche bestehen. Der Anspruch auf Freistellung richtet sich dann gegen den Unternehmensnachfolger.
Wurde das Arbeitsverhältnis mit bestehenden Urlaubsansprüchen bereits vor Insolvenzeröffnung beendet, besteht ein sogenannter Anspruch auf Urlaubsabgeltung in reiner Geldform. Der Urlaubsabgeltungsanspruch kann beim Insolvenzverwalter nur noch als Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Anders hingegen ist es im Falle eines gekündigten Arbeitsverhältnisses, welches über die Insolvenzeröffnung fortbesteht. Hier kann der Arbeitnehmer, der den Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen konnte, den Urlaubsabgeltungsanspruch gegen die Masse geltend machen. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Masseverbindlichkeit.
Abfindungen bei Ende eines Arbeitsverhältnisses
Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann nach dem Kündigungsschutzgesetz oder aufgrund eines Aufhebungsvertrages ein Anspruch auf eine Abfindung entstehen. Innerhalb eines Insolvenzverfahrens kann der Arbeitnehmende den Abfindungsanspruch als Masseverbindlichkeit geltend machen, wenn der Anspruch von einer Rechtshandlung des Insolvenzverwalters herrührt. Sofern der Abfindungsanspruch allerdings auf eine Vereinbarung mit dem Schuldner, also dem in Schieflage geratenen Unternehmen, zurückzuführen ist und somit bereits vor Insolvenzeröffnung entstanden ist, handelt es sich hierbei wiederum nur um eine Insolvenzforderung.
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