Zuständigkeiten im (vorläufigen) Insolvenzverfahren
Wenn ein Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät und einen Insolvenzantrag stellt, wird ein gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt. Das hat auch Auswirkungen auf die Geschäftspartner des insolventen Unternehmens. Für diese stellt sich dann die Frage, wie sie mit der Geschäftsbeziehung weiter verfahren und wer auf Seiten des insolventen Geschäftspartners der zuständige Ansprechpartner für die Fortführung der Geschäftsbeziehung ist.
Bestellung eines Sachverständigengutachters
Nach Eingang eines Insolvenzantrages bei dem zuständigen Amtsgericht als Insolvenzgericht wird der Insolvenzrichter bei dem insolventen Unternehmen einen sogenannten Sachverständigengutachter bestellen.
Dessen Aufgaben sind:
- Klärung der Rechts-, Geschäfts- und Vermögensverhältnisse des Schuldners,
- Feststellung, ob die vorhandenen Vermögenswerte ausreichen, um die Verfahrenskosten zu decken und ein Insolvenzverfahren zu eröffnen,
- Feststellung, ob Insolvenzgründe wie Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vorliegen,
- ggf. Einholung von Auskünfte zu Forderungen und Verbindlichkeiten sowie bestehenden Vertragsverhältnissen von den Geschäftspartnern des Schuldners
Der Sachverständigengutachter arbeitet neben der Geschäftsführung des insolventen Unternehmens. Er hat keinerlei Verfügungs- oder Verwaltungsbefugnisse. Für die Geschäftspartner des insolventen Unternehmens bleibt dessen Geschäftsführung also weiterhin der Ansprechpartner.
Der Sachverständigengutachter regt beim Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen an, wenn er feststellt, dass ein fortführungswürdiger Geschäftsbetrieb vorhanden ist oder der Schuldner über wesentliche, zu sichernde, Vermögenswerte verfügt.
Bei der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ist für das Insolvenzgericht, neben dem Erfordernis von Sicherungsmaßnahmen, die vom Schuldner gewählte Verfahrensart entscheidend für das weitere Vorgehen. Hat das betroffene Unternehmen ein klassisches Insolvenzverfahren eingeleitet, kann das Insolvenzgericht einen vorläufigen schwachen oder starken Insolvenzverwalter bestellen. Geht der Schuldner den Weg der Eigenverwaltung, wird ein sogenannter vorläufiger Sachwalter bestellt.
Bestellung eines vorläufigen schwachen oder starken Insolvenzverwalters
In der Regel erfolgt die Bestellung eines sogenannten vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters. Dessen Aufgaben und Rechte werden detailliert vom Insolvenzgericht festgelegt. Er hat keinerlei Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners. Für Geschäftspartner ist weiterhin die Geschäftsführung des insolventen Unternehmens der zuständige Ansprechpartner.
Im Gerichtsbeschluss wird bei der Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters ein Zustimmungsvorbehalt aufgenommen. Das heißt, für Vermögensverfügungen des Schuldners, also beispielsweise die Bezahlung von Rechnungen oder die Herausgabe von Waren, benötigt die Geschäftsführung die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Ohne gesonderten Gerichtsbeschluss kann der vorläufige Insolvenzverwalter keine Masseverbindlichkeiten begründen.
In der Praxis ist es meistens so, dass sich die Geschäftsführung des Schuldners und der vorläufige Insolvenzverwalter eng miteinander abstimmen. Letzterer sollte trotz seiner beschränkten Rechte bei der Betriebsfortführung im Insolvenzantragsverfahren als Ansprechpartner und Entscheider auch nach außen eine sichtbare Rolle einnehmen. Das heißt für Geschäftspartner, dass sie die weitere Fortführung der Geschäftsbeziehung trotz der weiteren Zuständigkeit der Geschäftsführung des Schuldners, auch immer mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter abstimmen.
Ein vorläufiger starker Insolvenzverwalter wird nur in absoluten Ausnahmefällen bestellt. Dieser tritt an die Stelle der Geschäftsführung und erhält bereits im Insolvenzantragsverfahren die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über Vermögenswerte des insolventen Unternehmens. Bereits im Insolvenzantragsverfahren kann er Verbindlichkeiten gegen die Insolvenzmasse (Masseverbindlichkeiten) begründen, die im späteren Insolvenzverfahren vorrangig vor normalen Gläubigerforderungen bedient werden müssen. Ist ein vorläufiger starker Insolvenzverwalter bestellt, ist er der zuständige Ansprechpartner für die Geschäftspartner.
Bestellung eines vorläufigen Sachwalters bei Eigenverwaltung
Hat das insolvente Unternehmen eine Eigenverwaltung beantragt, bestellt das Insolvenzgericht in Abstimmung mit den Gläubigern in der Regel einen sogenannten vorläufigen Sachwalter. Dieser hat lediglich eine Überwachungsfunktion.
Wenn zu erwarten ist, dass die Geschäftsführung des betroffenen Unternehmens nicht zum Nachteil der Gläubiger handeln wird, bleibt es bei der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters und dem Antrag auf Eigenverwaltung wird stattgegeben. Die Geschäftspartner können dann damit rechnen, dass ein Eigenverwaltungsverfahren eröffnet wird. Damit bleibt für sie weiterhin die Geschäftsführung des Schuldners zuständiger Ansprechpartner.
Mit der Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens geht dann die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entweder im klassischen Insolvenzverfahren auf den Insolvenzverwalter über oder sie verbleibt bei der Geschäftsführung des Schuldners im Rahmen der Eigenverwaltung.
Dauer des Insolvenzantragsverfahrens
Das Insolvenzgericht bestellt häufig einen Sachverständigengutachter, der parallel auch vorläufiger Insolvenzverwalter oder vorläufiger Sachwalter ist. Dem Sachverständigengutachter wird ausreichend Zeit, in der Regel vier bis sechs Wochen, zur Erstellung seines Gutachtens geben. Bei Bedarf kann die Frist verlängert werden.
Oftmals versucht der vorläufige Insolvenzverwalter bzw. der vorläufige Sachwalter, die Fortführung des laufenden Geschäftsbetriebs über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes sicherzustellen. Das Insolvenzgeld wird für bis zu drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt. Damit kann auch in etwa abgeschätzt werden, dass das Insolvenzantragsverfahren so lange dauert, wie ein Insolvenzgeldanspruch besteht.
Sind Sie von der Insolvenz eines Geschäftspartners betroffen und haben Fragen zu den Zuständigkeiten, wenden Sie sich gerne an unsere Experten.